Typisch deutsch: Beim Auto wird gejammert
Wie sehr die Deutschen jammern und das auf sehr hohem Niveau zeigt sich beim Bußgeldkatalog. 20 km/h zu schnell kosten bei uns 70 Euro Strafe, in den Niederlanden 180 Euro fällig, in Dänemark 165 Euro. Also wer meint, er wird von deutschen Staat abgezockt, der sollte sich mal die Bußgeldkataloge anderer Staaten anschauen. Aus meiner Sicht ist das hier viel zu lasch, aber was sie uns bei Corona zumuten, sind sie bei solchen Sachen viel zu weich.
Ja natürlich das wissen die Deutschen und verhalten sich auch so.
Ja die Benzinpreise steigen und der Deutsche heult. Meine Monatsfahrkarten im ÖPNV sind in den letzten Jahren immer gestiegen und da hat niemand geheult. Da gab es keine Sendungen bei Bild, in der Tagesschau, ZDF, WDR etc…Das hat NIEMANDEN interessiert. Ach die doofen ÖPNV-Benutzer, die dürfen jedes Jahr mehr zahlen, das ist nicht so schlimm – werden bestimmt alle denken, aber sobald das Auto ins Spiel kommt (der Bußgeldkatalog erhöht wird, wo bei die Strafen erst eintreten, wenn man sich daneben benimmt oder die Spritpreise steigen), dann erhöht sich der Puls schlagartig. Ich weiß, jeder Deutsche ist auf das Auto angewiesen und nur mit dem Auto kann ich zum Bäcker fahren. Den Deutschen ist es wohl nicht zuzumuten am Sonntag morgens um 8 Uhr zum Bäcker zu Fuß zu gehen.
Nein, die Fahrpreiserhöhungen beim ÖPNV war meistens nur eine kleine Meldung irgendwo auf Seite 20 im Lokalteil wert, dass die Abokosten beim VRR um 3,7 % steigen. Klar, dem Autofahrer interessiert das nicht.
Wie viele Buslinien wurden vor vielen Jahren gekappt, verkürzt, die Takte ausgedünnt und die Preise stiegen trotzdem. Jeder Streik von den Beschäftigten im ÖPNV (Eisenbahn oder vor Ort) bedeuten für mich im nächsten Jahr höhere Abokosten und dann kommen noch etliches anderes hinzu.
Autofahrer denken auch immer nur an den Benzinpreis. Ich weiß, das ist super einfach und keiner muss je eine Versicherung bezahlen (oder andere Kosten), aber das habe ich hier schon so oft thematisiert – da sind Autofahrer halt betriebsblind, zumindest im Vergleich ihrer tatsächlichen Gesamtmonatsfahrkosten.
Wer von der Regierung hat sich jemals eingesetzt, um die Abofahrpreise zu senken? Niemand. Aber jetzt schreien alle Autofahrer nach dem Staat – er solle die Preise senken fürs Auto.
Es kommen immer die ewig die gleichen Argumente; alle Deutschen wohnen nur auf dem Land (seltsam – die Städte müssten dann doch leer sein – dann ist das Land die neue Stad) und alle brauche mit dem Auto nur 20 Minuten mit dem Auto und mit dem ÖPNV alle über 3 Stunden (keine Ahnung, oftmals ist auch ein blindes Verlassen auf die Onlineauskünfte die Folge) und alle Menschen arbeiten um 5 Uhr morgens oder die gesamte Nacht durch. Ach so: Alle sind schon über 60 Jahre alt und müssen unbedingt einen SUV haben, wo sie bequem einsteigen können.
Das sind die Dauerargumente eines Autofahrers, der womöglich 40 ist, einen Arbeitsplatz, der in der Nähe vom HBF ist und in einer Großstadt wohnt. Ja natürlich, man will sich Gehör verschaffen und muss dabei öffentlich in die Mikrofone der Sender lügen.
Fahrradfahren geht für die Deutschen gar nicht, nicht bei Regen, Dunkelheit und in der Kälte. Nein, der Deutsche ist in diesem Punkt ein sehr verwöhnter Mensch. Die Niederländer, die in der gleichen Klimazone wohnen wie die Deutschen macht das weniger aus. Klar sinkt auch hier der Anteil der Radfahrer in den Wintermonaten, aber nicht so dramatisch wie in Deutschland, wo das Fahrrad mehr als Freizeitgerät immer noch angesehen wird.
Ach so: Da alle Autofahrer ein Nummernschild haben und damit eindeutig identifizierbar sind, warum halten sie sich trotzdem nicht an die Verkehrsregeln?
Ich spiele auf die These an, dass alle Autofahrer fordern, dass wir Radfahrer auch ein Nummernschild haben sollen, damit wir auch zur Kasse gebeten werden. Hier gibt ein Video, wo auch uns Radfahrern Bußgelder drohen. Also von Bußgeldern sind wir auch nicht befreit, auch wenn das Autofahrer gerne glauben. Wenn wir erwischt werden, müssen wir auch zahlen, das gleiche gilt auch für den Autofahrer.
Das Thema Fahrradstraße ist in noch keinem Autofahrerkopf so richtig angekommen. Hier ein Rechenbeispiel, was eine Fahrradstraße ist und wie man überholen kann, wenn man das alles mit einberechnet. In Stuttgart gibt es sogar eine Fahrradstraße wo kein Auto rein darf (meistens steht ja unten drunter: „Auto frei“), außer einige kleinere Ausnahmen. Beste Ausrede von einer älteren Frau: „Das Schild gab es früher noch nicht. Ich kenne das nicht.“
Ich habe mir in den letzten Tagen sehr viele Videos zum Thema Schulung angeschaut. Die Fahrschulen zeigen entweder mit Fahrschülern oder auch alleine, wie man Auto fährt. Das Thema Fahrrad wurde nur von einer Fahrschule aufgegriffen.
Selbst Fahrlehrer übersehen dieses Schild hier in Sachen Einbahnstraßen (Autofahrer sowieso). Das andere Ende sieht so aus. Hier in Essen-Stoppenberg gibt es so eine Straße, die ich regelmäßig benutze. Keine Ahnung wie oft ich von Autofahrer hier angehupt werde. Alle Autofahrer können keine Verkehrszeichen lesen, denn die Reaktionen aus dem Video aus Stuttgart zeigt mir, Menschen können sich doof anstellen, gerade wenn es um das Auto geht.
Hier zeigt sich, Menschen können sich nur über die Geldbörse erziehen, also sprich den Bußgeldkatalog erhöhen. In den Niederlanden, wo die Strafen hoch sind, klappt es komischerweise. Dort denken die Menschen: Strafen sind hoch, also lasse ich es lieber, in Deutschland denken die Menschen, Strafen sind niedrig keine Kontrolle – auf 10 Euro kann ich mal verzichten und habe meine Freiheitsrechte. Bei Corona konnten die Strafen nicht hoch genug sein, wenn man hier mal die Maske vergessen hat aufzusetzen oder Leute andere Leute kontrollieren, ob nicht doch mehr als 5 Personen aus anderen Haushalten feiern, da sind die Deutschen eifrig, da kann es nicht genug Kontrolle geben, aber auf der Straße da soll möglichst keine Kontrolle stattfinden. In den deutschen Köpfen heißt es immer noch:
Freie Fahrt für freie Bürger.