
Tagesausflug nach Gießen
Am Mittwoch, 25.06.2025 bin ich mal wieder eine längere Strecke gefahren. Hier von Essen aus habe ich meine Tour um 4.39 Uhr gestartet. (4 Uhr aufgestanden), um mit der Straßenbahnlinie 107 der Ruhrbahn nach Essen Hauptbahnhof zu fahren.
Dann der erste Schock. Der RE1 um 5.07 Uhr hatte schon 11 Minuten Verspätung. In Köln Messe/Deutz hatte ich nur eine Umsteigezeit von rund 20 Minuten. Aus Erfahrungen weiß ich, dass es nicht bei 11 Minuten Verspätung bleibt. Aber diesmal hatte der Triebwagenführer die Verspätung von 11 Minuten bis 5 Minuten in Köln Messe/Deutz reduziert. Alle Achtung, kommt auch nicht so häufig vor.

Außerdem saß ich ganz vorne im Triebwagen. Warum? Die Teppenaufgänge in Köln Messe/Deutz sind auf der Westseite kürzer. Wenn ich auf der Ostseite ausgestiegen wäre, wäre die Treppen um ein Vielfaches länger. Auf der Ostseite steige ich auch nur aus, wenn ich direkt in den U-Bahntunnel, der hier mit den Bahngleisen verbunden ist, gehe, wo die Stadtbahnen abfahren.
Auf jeden Fall konnte ich also den Weg in aller Ruhe in Köln Messe/Deutz machen und fotografieren und filmen. Für meinen YouTube-Kanal „Natur und Reisekanal“ habe ich diesmal auch eine kleine Ansage gemacht. Neben diesen Bildern hier im Blog gibt es noch welche auf meinem Instagram-Kanal in diesem Post.
Der RE9 (NRW) nach Siegen fährt von Gleis 4 ab und war diesmal ein Doppeldecker mit der BR146 voraus. Hier verkehren auch die Triebwagen der Baureihe ET442 vom Bombardier.
Die Umsteigezeit in Siegen betrug 4 Minuten zur RE99 nach Gießen / Frankfurt. Sie konnte nicht eingehalten werden, weil der RE9 hatte Verspätung einige Minuten zu vor. Der RE9 kommt auf Gleis 54 in Siegen an und das Gleis 3, wo der RE99 nach Gießen (bzw. Frankfurt/Main) abfährt, ist auf Gleis 3, aber alles am gleichen Bahnsteig.
Der RE99 wird nach Stand von Juni 2025 von der Hessischen Landeseisenbahn (HLB) betrieben und auch noch für die nächsten 13 Jahre. Der RE99 nach Frankfurt kann deshalb nicht warten, weil er Gießen mit dem RE98 aus Kassel gekoppelt wird. Beide Einheiten fahren dann nach Frankfurt/Main.
Die nächste Möglichkeit war also um 8.45 Uhr, wo der RE99 nur bis Gießen fährt und dafür hatte ich gute 40 Minuten Zeit. Zeit, die ich genutzt hatte, um kurz in die Siegener Innenstadt zu gehen, so weit wie möglich. Ich konnte kurz das Unteres Schloss in der Kölner Straße anschauen.

Das Untere Schloss ist eine Anlage, welche zwischen 1695 und 1720 als Residenz der Fürsten von Nassau-Siegen errichtet wurde.
Siegen steht schon seit langem auf meiner To-do-Liste, aber bislang bin ich hier immer nur umgestiegen.
Mit dem RE99 um 8.45 Uhr bin ich dann vom Siegener Hauptbahnhof von Gleis 3 nach Gießen gefahren. Fahrzeit in diesem Regionalexpress, ungefähr eine Stunde.
Der RE99, der die Dillstrecke befährt, fährt erst nach Norden, um dann in einer Rechtskurve unter den 354 Meter hohen Giersberg zu unterqueren.
Der Abschnitt von Siegen nach Haiger wurde erst im Jahre 1915 eröffnet, während der südliche Teil ab Haiger seit dem 12.1.1862 befahrbar ist. Insgesamt hat die Strecke 12 Promille Steigung/Gefälle. Sie verläuft am Grimberg 400 Meter hoch, Haborn 418 Meter hoch, unterquert den Arbachshainer Hofsberg in einem Tunnel. Ungefähr an der Tiefenrother Höhe (551 Meter hoch), verlässt die Strecke NRW und tritt in Hessen ein. Bis Dillenburg hält der RE99 (nur nach Gießen) an allen Stationen. Ab Dillenburg übernimmt dann die RB40 (auch Hessische Landeseisenbahn) diese Funktion und der RE99 wird seiner Funktion als Regionalexpress gerechter.
Der Rhein-Main-Verkehrsverbund beginnt schon bei Dillbrecht, also direkt an der Landesgrenze NRW/Hessen. Der Bahnhof wurde im Jahre 1913 gebaut. Dillbrecht gehört schon zu Haiger. Hier ist die Haubergswirtschaft noch tätig.
Persönlich kenne ich die Strecke von Wetzlar nach Siegen durch mehrere Fahrten in der Vergangenheit wie zum Beispiel die Fahrt zum 9-Euro-Ticket Zeiten nach Saarbrücken, wo ich auf der Rückfahrt den Köln/Bonner Raum meiden wollte und über Wetzlar und Siegen gefahren bin.
Der RE99 hält am Gießener Bahnhof auf Gleis 1.

Gießen hat nach amtlichen Angaben 94.996 Einwohner und einen Frauenteil von 50,5 %, liegt im Regierungsbezirk und Landkreis Gießen. Erstmals urkundlich wurde die Stadt im Jahre 1197 als Giezzen. Später in 1248 wurde sie Stadt.
Von 1909 bis 1953 verkehrten in Stadt auch Straßenbahnen, davon gibt es heutzutage keine Überreste mehr in der Innenstadt.
Es ist eigentlich ganz einfach in die Innenstadt zu gelangen, denn ich bin nur der Bahnhofsstraße gefolgt, um dann ist man auch praktisch drin. Dass Gießen nach dem Zweiten Weltkrieg schnell wieder aufgebaut wurde, sieht man im Stadtbild ganz deutlich. Vom 06.12 auf den 07.12.1944 erlitt wegen der Area Bombing Directive der Briten die historische Gießener Altstadt heftigste Bombentreffer. Die Folgen sieht man heutzutage immer noch.
Eines der wenigen älteren Gebäude im Innenstadtbereich ist das „Altes Schloss“ an der Schlossgasse und das „Zeughaus der Justus-Liebig-Universität“ an der Senckenberg Straße
Altes Schloss
Die Geschichte reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück. Die erste urkundliche Erfassung geschah im Jahre 1364. Es diente als Zweitsitz des Landgrafen Heinrich II. von Hessen. Scheint so, also hätte man damals Zweitwohnungen nötig gehabt.
Danach wurde es im 1500 als Residenz der Landgräfin Anna von Mecklenburg genutzt. Später im Jahre 1605 war es Sitz der Fürstlichen Kanzlei. Schließlich bewohnte es der Landgraf Georg II von Hessen-Darmstadt von 1631 bis 1645 das Schloss.
Auch das Schloss wurde durch die erwähnte Bombennacht vom Dezember 1944 fast vollständig zerstört, stand sehr lange als Bauruine. Erst im Jahre 1970 begann der Wiederaufbau. Seit dem Jahre 1980 dient es als Oberhessisches Museum.
Zeughaus
Das Zeughaus ist im Stil der deutschen Renaissance erbaut worden und diente als militärisches Waffenlager. Es wurde in den Jahren 1586 bis 1590 errichtet. Die heutige Senckenbergstraße wurde im Jahre 1900 erst errichtet. Auch das Zeughaus wurde von den Bombentreffern von Dezember 1944 nicht verschont. Schon im Jahre 1957 ging das Zeughaus an die Justus-Liebig-Universität über.

Vorbei am Kriegsdenkmal am Landgraf-Phillip-Platz bin ich dann Richtung Wieseckaue gelaufen, welches als Gießener Stadtpark dient. Im Jahre 2014 war es eine Kernzone in der Landesgartenschau. Der Park geht im Allgemeinen aber bis in die 1930er Jahre zurück.

Der Weg vom Landgraf-Phillip-Platz über Gutfleischstraße und schließlich die Parkanlagen selber wird in Gießen wohl als Hauptachse von vielen Radfahrern benutzt. Mir kamen sehr viele entgegen. Gießen hat sehr viele Radwege insgesamt gesehen an den Hauptverkehrsstraßen.
An der nahegelegenen Ringallee findet sich auch das Badezentrum Ringallee, welches von den Stadtwerken Gießen betrieben werden.

Vorbei am Schwanenteich und der Eichgärtenallee -> Roonstraße -> Ludwigsplatz -> Löberstraße -> Bismarckstraße -> Lonystraße -> Goethestraße bin ich dann wieder zurück zur Gießener Innenstadt gelaufen.
Kurz die Johanniskirche an der Ecke Goethestraße/Südanlage/Johannesstraße angeschaut.
In der Innenstadt hatte ich mir ein belegtes Brötchen mit Salami gekauft. Seit der Abfahrt um 4.39 Uhr hatte ich nichts mehr gegessen und beim sommerlichen Temperaturen fällt mir das große Essen in einem Café auch recht schwer. Das Essen bleibt zu lange im Magen liegen und es stört mehr als es nutzt.

Zum Abschluss war ich noch an der Lahn, welche ich über die Heuchelheimer Straße erreicht habe. Hier gibt es ein Wehr, aber auch eine Bootsrutsche für Kajakfahrer. Als ich dort war, fuhren tatsächlich auch einige Kajakfahrer diese Bootsrutsche herunter.
Für mich gab es nicht mehr so viel zu sehen – nach meinem Geschmack, also bin ich über die Lahnstraße zu einem Übergangsweg, der direkt zum Gießener Hauptbahnhof führt, gelaufen. Um 12.15 Uhr war ich auch wieder auf der Rückfahrt nach Essen.

Der RE99 hatte auf der Rückfahrt viele Probleme mit der Signaltechnik, sodass er eine größere Verspätung einfuhr. Er kam um 13.30 Uhr in Siegen Hauptbahnhof an. Da ich immer bestrebt bin, voranzukommen, bin ich auf das gegenüberliegende Gleis gegangen und in die RB91 um 13.40 Uhr nach Hagen/Westfalen Hauptbahnhof eingestiegen. Ja, sie hält an jedem Bahnhof und im Nachhinein war es auch ein Segen.
Bei Kirchhundern Welschen-Ennest stoppte der Triebwagen für eine ganze Weile, wegen Bauarbeiten auf der Strecke und einer vorübergehenden Eingleisigkeit. Er wartete auf den entgegenkommenden Zug.
Warum war es ein Segen? Ursprünglich plante ich mit dem RE34 um 14.08 Uhr ab Siegen HBF bis Witten HBF zu fahren. In meine Gewohnheit, wenn ich auf diesem Streckenabschnitt bewege, steige ich in Iserlohn-Letmathe, in den RE16 nach Essen um. In der Bahnapp tauchte auch der RE34 auf und die Bahn-App verriet mir, die Fahrt um 14.08 Uhr von Siegen HBF wäre ausgefallen. Den RE34, den ich da genommen hätte, hat man ihn nur bis Kirchhundern Welchen-Ennest wegen dieser Baustelle fahren gelassen. Also manchmal ist es immer klug, die vermeintlich langsamere Verbindung zu nehmen.
In Hagen/Westfalen Hauptbahnhof kam ich auf Gleis 1 um 15.29 Uhr mit der RB91 an. Von Gleis 2, direkt gegenüber fuhr um 15.46 Uhr der RE16 nach Essen Hauptbahnhof, wo ich um 16.25 Uhr ankam.
Gemütlich wie ich dachte, wäre ich mit der Straßenbahnlinie 107 zurück nach Essen-Stoppenberg gefahren, aber sie fuhr nur bis Viehofer Platz, angeblich wegen einer Störung. Der Viehoferplatz zählt noch zum Innenstadtbereich.
Also lange Rede kurzer Sinn, ausgestiegen und die 2,7 km bis zu mir nach Hause noch eben gelaufen. Ich bin ja fit und willig genug, das zu machen.
Am Abend direkt unter die Dusche, Klamotten in die Waschmaschine und dann gemütlich etwas Musik gehört. Zurzeit bin ich in der Stimmung den Song von der Gruppe „Air“ – „Sexy boy“ anzuhören. Ich denke da an jemanden, den gerade kennenlerne und sie noch ihren restlichen Camino bis nach Muxia (Galizien) läuft. Die Melodie des Liedes passt zu meiner Stimmung, ihr die Freiheit zu geben, dort zu wandern.