Göttingen und Bodenfelde
Beides war nicht geplant. Ich bin um 5.39 Uhr los von Essen-Stoppenberg losgefahren mit der Linie 107.
Der RE11 nach Kassel-Wilhelmshöhe kam um 6.11 Uhr pünktlich.
Ich verstehe das nicht. Auf dem gleichen Gleis, wo der RE11 ankam sollte, 13 Minuten früher, also um 6 Uhr ein IC nach Westerland mit Zugteil auch nach Dagebüll abfahren. Es kam keine Durchsage, dass sich der Zug verspäten würde oder nicht einmal das weiße „Band“ mit der Verspätungsmitteilung. Nichts. Die Leute, die mit dem IC fahren wollten, könnten sich leicht veräppelt vorgekommen sein.
Aber das nur am Rande, weil das eine Verwunderung bei mir auslöste.
Mein RE11 war pünktlich und das hielt auch bis Paderborn. Ich hatte Göttingen schon länger im Blickwinkel. Die Möglichkeit quasi direkt dort hinzufahren war mir immer einwenig gefährlich. Es gibt eine Regionalbahn, die RB85 betrieben von der Nordwestbahn, wo die Umsteigezeit nur 5 Minuten beträgt, egal ob in Paderborn oder wie in der DB Navigator in Altenbeken (eine Station weiter). Die RB85 braucht zwei Stunden von Paderborn bis Göttingen, fährt aber alle 60 Minuten.
Der RE11 war pünktlich in Paderborn also habe ich die Chance genutzt nach Göttingen (Niedersachsen) zu fahren (wer weiß wann das wieder klappen könnte).
Die RB85, ein Dieseltriebwagen der Baureihe BR643 (VT643) auf Gleis 4 zusammen mit einer anderen BR643 der Linie RB84 nach Holzminden (auch Niedersachsen), also in Doppeltraktion. Die RB85 steht als erster Triebwagen.
Hurra, die Toiletten funktionierten bei der RB85 :-). In Höxter-Ottbergen trennen sich RB85 und RB84 von einander. Um es klarzustellen: Das ist keine schnelle Fahrt, sondern ehe sehr gemütliche. Es ist eine eingleisige nicht elektrifizierte Strecke ab Höxter-Ottbergen mit Ausweichen in den verschiedenen Bahnhöfen. Der Fahrdraht endet kurz hinter dem Haltepunkt Höxter-Ottbergen, während es wohl nach Holzminden weiter unter Draht geht. Es geht auch an Würgassen (gehört zu Beverungen) vorbei. Ja da stand mal ein Kernkraftwerk (Kritisch geworden – also in Betrieb gegangen am 11.11.1975 und stillgelegt am 26.08.1994, Siedewasserreaktor).
Dann nach gefühlt unzähligen Kurven fädelte die RB85 in einem Überwerfungsbauwerk bei Göttingen-Weende auf die Hauptstrecke nach Göttingen HBF ein. Die Hochgeschwindigkeitsstrecke vom ICE befindet direkt daneben.
Göttingen empfing mich bei +11 Grad und Hochnebel und ich mit kurzer Hose. Überall in den Wetterapps stand was von +19 Grad und sonnig. Die Sonne kam später dann auch wirklich. Für mich ist die Kühle inzwischen kein so großes Problem mehr. Viele würden sagen: „Hart am Nehmen, oder Nur die Harten kommen in den Garten“. Blöde Sprüche – überhöre ich gerne.
Es gibt beim Hauptbahnhof einen fulminanten super ausgebauten Zweitrichtungsradweg. Ein Verkehr auf dem Rad – mein lieber Scholli. Vorneweg. Göttingen ist eine Fahrradstadt. So viele Fahrräder habe ich nur noch in den Niederlanden gesehen. Natürlich erfreut mich das sehr. Also nächster Besuch – Fahrradmitnahme. Ein kleiner Dämpfer vorneweg. Göttingen ist schon auf der Ostseite der Innenstadt leicht ansteigend oder immer mehr ansteigend. Also doch nicht wie die Niederlande.
Die Innenstadt, die Fußgängerzone, ist sehr groß, große Vielfalt an Geschäften. Sogar ein Karstadt habe ich noch gesehen. Aber der sah alt und gammelig aus. Sorry, aber das Gebäude ist nicht wirklich schön.
Auf jeden Fall einen kleinen Spaziergang gemacht, auch mal durch Thalia gegangen. Nachdem ich erfahren habe, dass hier in Essen eine Bücherei am 30.06.2023 schließt, und mein Thalia (Mayersche) nur noch rudimentäres anbietet, hatte dieses Thalia auch noch eine gute Abteilung für Physik, Chemie, Elektrotechnik und Mathematik. In Essen ist das nur noch so eine Restpostenabteilung – die Gartenbuchabteilung ist in der Mayerschen größer als die Technikabteilung.
In der Innenstadt gibt sehr viele Bäckereien und nur einen Kamps gesehen und auch viele Buchläden zum Teil auch Second-Bücher. Dass es daran liegt, dass Göttingen Universitätsstadt ist, glaub ich nicht. Essen ist es auch und wie beschrieben eine Misere nur noch.
Ich habe mir im Nudelhaus eine Spaghetti Bolognese gegönnt, 9,90 Euro und 2,70 Euro für das Mineralwasser. Es gibt kein Extrablatt in Göttingen. Aber nach meinen beiden Erlebnisse mit dem Extrablatt, weine ich auch keine Träne hinterher. Mir scheint, die Gastronomiekette ist irgendwie aus der Zeit gefallen und hat auch keine neuen Ideen mehr. Aber nun gut.
Dann bin ich um 13.31 Uhr mit der RB85 wieder zurück nach Paderborn gefahren. Diesmal hat der Triebwagen 2:34 Minuten gebraucht. Das liegt daran, dass die RB85 um diese Uhrzeit 45 Minuten Aufenthalt in Bodenfelde hat. Ich habe die Angabe in der App gar nicht getraut.
45 Minuten im Triebwagen auszuharren lag mir nicht, also bin ich dann kurzerhand nach Bodenfelde (3002 Einwohner, ein Flecken im Landkreis Northeim, mit einem Freibad, liegt auch an der Weser) gelaufen, also ins Bodenfelde Zentrum. Das sind nur einige 100 Meter, schafft man innerhalb von 5 Minuten. Im Nahkauf, so was wie ein REWE, habe ich mir noch meinen Wasservorrat aufgefrischt. Also so habe ich noch das Unangenehme mit dem Angenehmen verbunden. 45 Minuten im Triebwagen auszuharren würde ich nur machen, wenn ich Koffer dabei habe, aber sonst raus, Bewegung ist angesagt.
Auf dem Rückweg stand der Triebwagenführer am Bahnsteig und rauchte sich eine. Ich hatte ihn gefragt, warum dieser Triebwagen 45 Minuten stehen müsste. Er sagte mir, dass hat mit den Schülerverkehr zu tun, der in einem anderen Takt verkehrt als der Normaltakt auf dieser Linie. Die 45 Minuten Standzeit wünscht sich die DB Netz. Er berichtete mir von einem seiner Kollegen, der in Kreisensen wegen dieses Schülertaktes drei Stunden Wartezeit hätte. Er lässt die Leute aussteigen, fährt dann auf ein Abstellgleis und nach drei Stunden geht es dann mit Fahrgästen weiter.
Ja was es nicht alles gibt.
Auch dieser Triebwagen kam pünktlich in Paderborn an, so dass ich um 16.21 Uhr mit der RB89 nach Hamm/Westfalen fahren konnte. Auch wenn sie kurz vor Soest mal stoppen musste, habe ich den Übergang zum RE1 in Hamm/Westfalen noch problemlos geschafft. Somit war ich dann um 18.32 Uhr wieder in Essen-Stoppenberg.
Ob mir Göttingen gefallen hatte? Ja, auf jeden Fall. Besser als Mainz? Ja auch. Mainz hat in Sachen Radwege nur sehr wenig zu bieten. Einzig alleine, dass der Frankfurter Flughafen in der Nähe ist und dass es von den Temperaturen wärmer als sonst wo ist, ist Mainz nicht so der Hit. Ich war ja früher einmal für mehrere Tage in Mainz. Also von meinem Aufenthalt damals in Freiburg/Breisgau schwärme ich heute noch.
Klar, ich müsste mir auch die Außenbezirke von Göttingen anschauen, aber wenn einem schon die Innenstadt nicht gefällt (wie bei unzähligen anderen Städten), dann braucht man sich die Außenbezirke auch nicht anschauen.