Unterschiedliche Bewertungen von Fehlern
Als jemand der 14 Jahre in einer Firma gearbeitet hat, die sehr hohen Wert auf Verhaltenstraining gelegt, in dem sehr sensiblen Bereich der Kerntechnik, speziell die Bedienung von Kernkraftwerke bin ich mit vielen Möglichkeiten der Fehlerentstehung vertraut. Durch den zusätzlichen Wissenerwerb dieses Wissens durch freiwillige interne Schulungen bzw. Vorträgen, die vier Stunden dauerten (für mich damals einen ganzen Arbeitstag), wurde aber nicht nur die menschliche Komponente, sondern auch die dazugehörige Techniken (wie zum Beispiel die wohl ehemalige Verglasungseinheit von „Abfallstoffen“ aus kerntechnischen Anlagen, die mal in Karlsruhe (am KIT) stand, oder die mögliche Reinigung von Rohren mit Hilfe von unterschiedlich ausgestatteten Kugelchen, oder die Vorstellung des Dual Fluid Reaktors (ein Reaktor der neueren Generation IV, der zur Familie der Molten Salt Reactoren gehört), ausführlichst erklärt.
Natürlich stand bei der Arbeit meiner ehemaligen Kollegen in Schulungen für das kernkraftechnische Personal aber auch für die Wissenserweiterung für Behörden und sonstigen Institutionen im Vordergrund.
Wie ich gestern schon schrieb: „Irren ist menschlich“. Natürlich sind Fehler nicht so gut. Ich möchte und wir haben das nicht verharmlosen. Nur wie man damit umgeht, wie sie entstehen, das ist das entscheidene und nicht nur auf der Mitarbeiterebene. Das „Käse-Scheiben-Prinzip“ ist so eine Möglichkeit. Jede Käsescheibe hat in der Regel Löcher. Bei der ersten Scheibe mag man noch Glück haben und nichts passiert, aber spätestens bei der vierten oder fünften entsteht der Fehler, der zum Unglück führt. Mit Unglück meine ich nicht nur ein Unfall.
Ein Unglück kann ein nicht entdeckter Fehler sein, der später gravierende Auswirkungen hat, wie zum Beispiel der berühmte Kommafehler. Bei der Lösung wurde ein Komma mit meinem Punkt verwechselt und die Raumsonde flog nicht wie vorgesehen in den planmäßigen Orbit vom Mars, sondern an ihm vorbei. Oder der Knickfuß. Ein hocherfahrender Techniker hatte bei der Konstruktion eines Satelliten irgendwas vergessen, hatte es eilig und ging nach Hause. Am nächsten Tag stand der Satellit nicht auf vier Füßen, sondern auf nur noch auf drei und ziemlich neigend zum Boden. Schaden vom unermesslichen Wert. Natürlich kann man dieser einen Person einen riesigen Vorwurf machen oder ihn gar entlassen, aber was bringt das, wenn der Fehler schon vorher passiert ist? Wie gut war die Kontrolle vorher? Bzw. wie geht man mit Fehlern vorher um? Wie ist das Management damit? Wie wird im Betrieb mit Fehlern im allgemeinen umgegangen?
Ich will damit auf einen Artikel von einer Kollegin eingehen, mit der ich seit sehr lange kommuniziere, die kurz und knapp beschrieben hat, wie mit Fehlern umgegangen wird. In der Schule so schreibt sie, bekämen die Schüler bei fünf Rechtschreibfehlern angeblich eine „sehr gut“. Den Bewerber unterstellt man aber zwangsläufig, wenn der in einem Anschreiben drei Rechtschreibfehler hat, absolute Schlampigkeit; der ist nicht ordentlich genug, mit dem kann man nichts anfangen. Der hat absolut hohe Erfahrung im Zusammenbauen von Raketen (mal ganz überspitzt gesagt), oder kann das tollste in Java programmieren aber man schließt von einem Stressmoment (denn Arbeitslosigkeit ist nun mal Stress) auf die gesamte Persönlichkeit bzw. die ganzen Erfahrung auf.
Natürlich kann man ihm unterstellen, er hätte nicht die Möglichkeit in Anspruch genommen, dass er das Anschreiben gegengelesen hätte sollen. Aus meiner Erfahrung weiß ich auch, dass man sich darauf nicht allzu sehr verlassen kann, denn selbst Franzosen haben meine Fehler im französischen Bewerbungsanschreiben nicht gefunden, die ich dann selber nach 10 Bewerbungen zufällig gesehen habe.
Von meiner Arbeit als Schreibkraft damals im kernkraftechnischen Schulungsbetrieb, weiß ich, dass ich obwohl ich die Sachen von der Kollegin gegenlesen habe, und habe auch nicht alles gefunden. Natürlich kann man mir mangelhafte Durchsicht unterstellen, aber ist das so? Natürlich soll man dann fragen, aber wenn selbst die nahegelegenenden Kollegen das nicht wissen, geht man dann für einen möglichen Zahlendreher durch das gesamte Haus und fragt den Kollegen, sofern er nicht gerade Kurs hat und im Simulator steht nach diesem Detail?
Bei uns wurden damals solche Sachen zigmal gegengelesen, vom Ausbilder und von dessen Chef und dann noch einmal vom Ausbilder, ehe es wirklich freigegeben wurde.
Und macht das jeder, um auf die Kontrolle des Anschreibens zurückzukommen bei der jeder Bewerbung? Ich habe das meist nur gemacht, wenn es um neue etwas andere Satzformulierungen ging, wo ich nicht ganz sicher war. Man ist ja auch etwas stur, eigensinnig – ich natürlich auch – , weil man weiß, dass man Deutsch kann und es anwenden kann und man will sich von einer zweiten Person auch nicht immer etwas sagen lassen. Und der Gegenpart, auch ich, wird sich irgendwann fragen: „Mensch, ist dieser Mensch überhaupt nicht selbstständig? Muss er mich andauernd fragen, wegen solcher Lapaillien?“. All das ist alles ganz normal, wie ich finde.
Bei heiklen Themen (Öl, Luftdruck und etc..) rund um mein Auto fahre ich schon in meine Werkstatt und frage nach, aber das mache ich nicht für jede Sache. Ein anderer würde jetzt sagen: „Warum fährt er dahin? Warum macht er das? Ist doch alles so einfach!“.
Auch das Sehen von den Fahrschulvideos helfen mir noch einmal einbißchen auf dem neuesten Stand zu kommen.
Das sind so die drei Seiten in Youtube, wo ich echten Fahrlehrern bei der Erklärung der gesetztlichen Vorschriften im Straßenverkehr folge. Wie ich schon desöftern allerdings schrieb, wird bei Rechtschreibfehler mehr Wert gelegt, als bei der Einhaltung von der städtischen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h oder das Setzen des Blinkers oder des Abstand haltens. Ich bedauere das, aber leider kann man das nicht (mehr) ändern.
Zum Schluss kann ich noch die Videos von Mayday – Alarm im Cockpit empfehlen, wo in sehr vielen Folgen mit sehr vielen realen nachgestellten Flugzeugabstürzen bzw. -unglücken gezeigt wird, wie man Fehlern auf die Spur kommt. Der Absturz von MH370 zeigt auch erstaunliche Parallen zu vorherigen Abstürzen. Ich kenne beinnahe alle Folgen. Nicht weil ich geil auf Flugzeugabstürze bin, sondern weil mich interessiert, wieso und weshalb etwas passiert. Nicht umsonst habe ich auf der Arbeit damals viel diese Zeitschrift und diese gelesen, wenn sie geliefert wurde.