Wie geht es mir derzeit?
Ich versuche so viel wie möglich offen über meinen Burnout zu sprechen. Vielleicht hilft das dem einen oder anderen auch etwas. Keine Ahnung, wie viele Leute während eines Burnouts schreiben. Die meisten berichten immer danach, wenn sie es überstanden haben.
Ein LinkedIn Kontakt hatte so ein Rad gepostet über die verschiedenen Stadien einen Burnouts. Es gibt 12 Stadien in diesem Rad und ich fühle mich bei Stufe 8. Das wäre die Verhaltensänderung. Stufe 7 wäre Rückzug. Das würde bei mir nicht zu treffen, denn ich versuche, man liest es hier, viel mich draußen zu bewegen, wieder viele Ausflüge zu machen und vor allem Großstädte zu meiden.
Ich wohne selber in einer Großstadt, in Essen, im Ruhrgebiet. Naturgemäß begegnet man hier immer Menschen, vor allem in den Zügen. Ich muss die Züge benutzen, damit ich wirklich nach draußen aufs Land komme. Morgens auf der Hinfahrt ist es noch gut, weil die Züge recht leer sind, aber auf der Rückfahrt sind leider voll. Mich hat das in den letzten Jahren nicht so viel gestört, auch nicht meine Ankunft hier in Essen, aber momentan ist es schrecklich.
Aus einem vollen Zug auszusteigen, dann wieder die Großstadt zu sehen – es setzt Unbehagen ein. Es ist gut, dass ich immer viel mit dem Fahrrad unterwegs bin. Das verhindert, dass ich noch in die womögliche volle Straßenbahn einsteigen muss.
Meine Hochsensibilität und Introvertiert sind nicht gerade hilfreich für den Burnout in der Großstadt.
Heute auf der Fahrt mit der Regionalbahn, wo ich erst dachte: „super da ist kaum jemand“ hat es sich innerhalb von Minuten zerstört, als die Radwandergruppe sich auch noch zu mir gesellte. Der eine ließ sein Radio laufen und dann noch das Gequatsche. Hätte ich mein Rad nicht dabei gehabt, hätte ich mich einfach woanders hingesetzt. Aber weil ich diesen Zug gerade noch so eben schaffte, bin ich vom Treppenaufgang in den nächsten Bereich für Fahrräder gegangen, sonst hätte ich mir einen weiter weg gesucht.
Die Fahrt im allgemeinen ganz gut. Am besten fand ich die Fahrt am Freitag zum Dümmer See. Auch wenn ich nicht geschwommen bin, war es wieder sehr gut auf dem Lande zu sein oder in einer Kleinstadt wie Diepholz. Fand ich Diepholz im letzten Jahr noch als sehr fad, so war sie in meinem aktuellen Zustand doch für sehr schön (und ruhig).
Es ist ja nicht neu, dass ich auf dem Land ziehen möchte, bzw. in einer kleineren Stadt. Das versuche ich seit Jahren schon hier. Leider scheinen, dass die meisten nicht verstehen zu wollen. Vielleicht sind sie alle nicht introvertiert und hochsensibel und können es sich nicht vorstellen, dass man anders tickt. Vielleicht wissen es manche mit 55 es immer noch nicht, was sie angehören – vielleicht weil sie auch die Begriffe nicht kennen. Möglicherweise denken aber viele, dass sie so sind (introvertiert und oder hochsensibel), aber sie mitgehen müssen, weil es die Gesellschaft von einem verlangt. Sie sind einfach zu wenig in sich gegangen, weil sie denken, dass wenn man dabei sein möchte, es machen „muss“.
Ich war früher gerne beim Eishockey, liebte die Stimmung, aber auch beim Fußball oder anderen Sportarten als Zuschauer. Heutzutage, seit Jahren, habe ich kein Interesse mehr – mal vom Preis abgesehen, aber ich habe dafür keine Zeit und inzwischen würde mir die gute Stimmung irgendwann nerven.
Auf dem Land, in der Natur zu sein, ist mir viel wichtiger geworden. Nicht nur mal wie jetzt am Wochenende oder im Urlaub, sondern ich möchte es immer haben. Also immer, solange ich lebe und das noch möglichst lange. Jetzt kann mich auch kein Bremser bremsen. Das werde ich umsetzen. In eine Großstadt werde ich nicht ziehen – dann brauche ich auch keinen Umzug, also wenn Leute denken, vom Ruhrgebiet nach München, Stockholm oder Madrid oder London oder gar nach Berlin – weil es gerade Hip ist – keine Chance. Dann nehme ich andere Nachteile in Kauf.
Ich werde auch kein IT-Support mehr machen – nirgendwo mehr. Gerade dieser Job hat mich krank gemacht. Auch wenn es bei einer anderen Firma gut gehen könnte, so könnte es wieder anfangen und dann habe ich den zweiten Burnout, vielleicht in einer noch viel schwererem Stadium. Will man das als Chef riskieren? Wohl kaum.
Das müsste doch auch den – sorry – dümmsten Mensch jetzt aufgefallen sein. Viele werden jetzt ganz einfach denken, dass man nur die Firma wechseln solle und dann ist wieder Friede, Freude, Eierkuchen. Wahrscheinlich denken das die Leute, weil sie sich keine Mühe machen wollen, es zu verstehen, warum man den Job nicht mehr ausüben kann – das einfache Schubladendenken – was man der Gesellschaft auch übergestülpt hat und welches die Leute auch so verinnerlicht haben. Natürlich werden jetzt viele sagen, dass es bei ihnen nicht betrifft mit dem Schubladendenken, aber sie sollten mal doch über sich nachdenken. Ich denke, aber dafür bleibt keine Zeit, denn die nächste Abwechslung steht wieder an (Fußball, Party, Bilanzen und anderes – aber der Mensch fällt dabei herunter).
Nur ein ganz anderer Job, vielleicht doch wieder eine Selbständigkeit – aber in Vollzeit, könnte mich wieder langfristig auf die Beine bringen. Ein Job mehr Bewegung am Arbeitsplatz oder mehr Kreativität. IT-Support ist nur Fließbandarbeit. Meine künstlerische Kreativität verkümmert hier ganz.
Wahrscheinlich werden es viele mir wieder einreden wollen, dass obwohl ich richtig liege, ich falsch liegen. Die Gesellschaft will einen, klein, gefügig machen und Fließbandarbeiter beschäftigen. Stelle keine dummen Fragen, mach einfach deine Arbeit, freu dich auf dein Wochenende, 2 Tage, auf deinen Jahresurlaub und später irgendwann auf die Rente, dafür bekommt man etwas Geld zum Überleben. Das will die Gesellschaft – so sind sehr viele Menschen durch die Schule, die Uni, aber auch durch Freunde und Verwandte erzogen worden. Das haben sie auch total verinnerlicht. Ja, bei vielen hat dies auch Erfolg und sie halten sich daran.
Ich hatte das meinem Hausarzt gesehen, das mir sagte, ich solle mich durchbeißen. Was für eine total absurde Vorstellung und das auch noch von einem Arzt. Ich habe beschlossen, nach diesem „Urteil“ nicht mehr zu diesem Arzt hinzugehen. So einen Arzt kann ich nicht vertrauen.
Ich bin aber noch viel zu frei für diese Fließbandarbeit im IT-Support. Ja bislang war es ganz nett, aber ausgefüllt hat es mich überhaupt nicht. Eine lästige Pflichtaufgabe – auch wegen des Geldes. Ich will nicht sagen, dass es für jeden gilt, der diesen Job macht. Für viele ist das der Traumberuf schlechthin.
Nach meinem Gefühl erwarten mich noch viel spannende, kreativere Aufgaben. Wenn das nicht in Deutschland passieren wird, dann vielleicht in der Schweiz, in Österreich, in Spanien, Frankreich, Norwegen, Estland oder Schweden, wo die Menschen anders ticken.
Wenn andere Nationen noch auf die in Deutschland ungeliebte Kernkraft setzen, müssen diese Nationen auch anders ticken als die Deutschen. Ich bin da völlig offen. Es muss nicht in der IT sein.
Warum weiß ich nicht, warum wir so starr auf Berufsbilder schauen. Mag sein, dass wohl der klassische (und vielleicht auch langweiligere) Weg IT-Support Level 1, dann Level 2, dann IT-Admin, dann keine Ahnung ist.
Warum nicht wie bei mir Bürokaufmann gelernt, als kfm. Angestellter gearbeitet, dann in den IT-Support gewechselt und danach Blogschreiber und Reisefotograf oder Coach für (keine Ahnung was genau). Was stört das viele Menschen? Warum sagen sie: „Lassen wir uns das mal ausprobieren?“ Warum kommt hier stetig der Einwurf: „das geht so aber nicht. Wir brauchen das und das (dann kommt eine noch längere Wunschliste als die meine als Kind an das Christkind zu Weihnachten)“.
Ist das wieder dieses eintrainierte Verhalten von der Schule auf, Uni (oder Ausbildung), Beruf, Freunde, Bekannte, dass wir uns von diesem starren und sehr einfachen System nicht lösen wollen, weil wir als Menschen viel zu sehr ganz große Angst vor irgendwas haben? Mehr als schiefgehen kann es nicht. Die Erde wird sich danach noch weiterdrehen, nur weil man bei der Einstellung eines Mitarbeiters falsch gelegen hat. Ich verstehe diese Angst nicht. Dann sage ich: Wenn nicht Deutschland, dann eins der Länder, welche ich aufgezählt habe.
Ja, es ist mir auch bewusst, dass alle Länder, die ich aufgezählt habe, aus deutscher Sicht immer als total schlecht. Jedes dieser Länder steht vor dem totalen Untergang, vom BIP, von der Arbeitslosigkeit, Migranten (seltsam, dass ich das Gefühl auch in Deutschland habe). Eigentlich ist die gesamte Welt, bis auf Deutschland, aus deutscher Sicht, dem sicheren Untergang geweiht. Auch hier: Man lügt sich die Balken sich biegen, wie auch in den vielen anderen uralten Glaubenssätze, die man in Deutschland hegt und pflegt am liebsten bis zum Sankt Nimmerleinstag. Viele in Deutschland haben immer noch besonders dicke Scheuklappen auf (die auch das Denken benebeln).
Der Burnout hat bei mir auch viel Gutes. Ich kann vieles jetzt umsetzen, was vorher wahrscheinlich nicht möglich war. Kein IT-Support, umziehen in eine ländliche Umgebung, oder auch auswandern und das Kennenlernen von neuen Verhaltensregeln durch meinen
Ich habe aber auch schon einiges von alleine umgesetzt. Meinen Social-Media-Konsum habe ich stark reduziert, nicht mehr so viel Handy sein, wenn ich unterwegs bin, außer fürs Fotografieren und mal nachschauen, wohin ich fahren kann. Meine Ernährung habe ich noch weiter vom Süßen befreit. So ganz komme ich davon nicht weg, aber im Gegensatz zum letzten Jahr, deutlich weniger. Dafür mehr Obst und Gemüse – eigentlich noch mehr als schon seit langem.
Aber es ist nur eine winzige Sache. Dass ich mich im Beruf aufrege – oftmals reagiere ich so über, dass ich mich wirklich nicht mehr wiedererkenne, ist zurzeit weniger der Fall, leider schwappt das auch zum Teil auch auf Private über (wie auch heute Abend – leider). Das zeigt, dass ich noch einen ganz langen Weg vor mir haben werde, bis ich diese Wutanfälle der Vergangenheit hoffentlich angehören oder so schwach sind, dass ich eine Technik habe, die es mir ermöglicht, diese schnell zu verwenden, dass ich mich nicht mehr so aufrege.
Das Schreiben hierüber hilft mir auf jeden Fall und auch die Öffentlichkeit auch. Ich suche bewusst die Öffentlichkeit. Mal schauen, wie ich mich in einem halben Jahr fühle. Zurzeit bin ich in innerliche Aufruhr.
Die wichtigsten Menschen in meinem Bekanntenkreis wissen von meinem Burnout, aber auch mein Arbeitgeber.
Was hier das Verhalten angeht: Wenn die Gesellschaft so denkt, dann denkt sie so. Ich denke anders darüber. Da ich viel Vielzahl der Menschen nicht ändern kann, kann ich mich nur ändern und Deutschland ist dann halt mein Wohnort nicht mehr. So viel Zeit und Geduld habe ich nicht, dass ich warten möchte, bis die Gesellschaft sich wieder ändert wie vor 15 Jahren ungefähr.