Der Deutsche ist der totale Sicherheitsfanatiker

Der Deutsche ist der totale Sicherheitsfanatiker

Ich habe die fast einheitlichsten Reaktionen auf meine Pläne erhalten. Die deutschen Kollegen meinten so im Gleichklang, dass es nicht sicher ist. Es gab eine Diskussion eines aus meiner Sicht selbstständigen in Deutschland auf meine Gedanken auszuwandern. Ich will dem Follower nicht zu nahe treten, aber es klang typisch deutsch. Es klang auch nach meinem Vater, der mir das ständig ausreden wollte. Eins ist sicher: Man darf es keinem Deutschen erzählen. Aus meiner Sicht sind die Deutschen voll die Neider und die totalen Sicherheitsmenschen („German Angst“). Da ist so viel dran und die „German Angst“ bestätigt sich ständig in allen Debatten.

Vielleicht sind die Deutschen auch deshalb die Neider, weil sie die „German Angst“ so in sich verinnerlicht haben, dass sie neidvoll andere anschauen und sich das selber nicht zutrauen, aber es am liebsten gerne machen würden, weil eine innere Stimme der Vernunft sie davon abhält. Wenn der Deutsche von heute in die Steinzeit katapultiert werden würde, ich vermute, 99,5 % würden aussterben – an Hunger – oh der Säbelzahntiger und Durst („das Wasser könnte vergiftet sein“).

Der Deutsche geht am liebsten kein Risiko ein, alles muss total sicher (und am liebsten noch sicherer als sicher sein).

Der Deutsche hätte nie das Internet erfunden und zum Mars fliegen würde auch kein Deutscher – viel zu gefährlich – was da alles passieren könnte (und selbst Fahrradfahren ohne Helm ist dem Deutschen viel zu gefährlich und dann am liebsten auf Bürgersteig – ist viel sicherer als auf der Straße).

Im einem T-Online-Artikel vom 17.10.2013 wollen 73 % lieber Sicherheit und nur 20 % Freiheit. Man erlebt das jetzt in der Coronakrise, wo bei sehr vielen Menschen, die Maßnahmen der Regierung nicht hart genug waren (was mich total erschrocken hatte, aber nach diesen Zahlen von 2013 auch total logisch ist).

Schon am 18.03.2004 schrieb die Welt, dass die Deutschen Sicherheit (in Sachen Terrorismus) um fast jeden Preis haben wollten. Vielleicht haben deshalb Politiker so eine Hoffnung endlich die Vorratsdatenspeicherung einzuführen und mit der Corona-Warnapp sind wir doch schon dem Wunschtraum viel näher gekommen.

Vielleicht sollten wir in Deutschland auch 1G wie in Österreich einführen, aber selbst das würden sehr viele Deutsche noch als zu weich empfinden.

Das autonome Auto wird in Deutschland wohl nicht so schnell kommen. Viel zu unsicher. Menschliche Fahrer sind viel sicherer. Wirklich? Der Unfall in Mülheim in 2020 eines betrunkenen Tanklastfahrers, der gegen die Brückenpfeiler geprallt ist, ist für die meisten Deutschen nur ein bedauerlicher Einzelfall und Pech für die Bahnfahrer, deren Brücken nun jahrelang neu gebaut werden müssen.

Wenn ich in DuckDuckGo nur diese Begriffe eingebe, um halt die oben genannte Schlagzeile zu erhalten, eingebe, bekomme ich auch als Antwort: LKW-Fahrer überfährt 69-jährigen Fußgänger (LKW-Fahrer flüchtig), dann überschlug sich ein Auto auf der Autobahn in Mülheim (ich weiß, alles nur ein Einzelfall), oder 20 jährige (ich weiß, die meisten denken jetzt – boah viel zu jung zum Autofahren, wenn es ein 72 jähriger wäre, denken alle genau das Gegenteil – was hat er noch auf der Straße zu suchen) Auffahrunfall.

Mich als Fahrradfahrer kann es auch jederzeit treffen – und selbst Fußgänger sind nicht unfallfrei.

Ich habe selbst beim Auswandern unter einigen anderen Videos gelesen: „Eigentlich sind alle Länder auf diesem Planeten doof“ Ich weiß, man kann bei jedem Land irgendwas finden, was einem nicht gefällt, wenn alles ganz rational betrachtet. Aber das kann man von jeder Stadt und jedem Dorf auch finden. Man kann sich alle Städte und Gemeinden auf dem Planeten anschauen und wird bei jedem Ort, oder gar Stadtteil / Ortsteil immer irgendwas negatives finden und sagen, das ist mir unsicher.

Schauen wir uns mal das Erfttal an. Wie sieht es jetzt da aus? Und das in Deutschland – wie konnte das in so einem sicherheitsverwöhnten Land wie Deutschland nur passieren?

Ich wohne im Ruhrgebiet. Hier gibt es bestimmt noch zig Stollen, die jederzeit einbrechen können. Es gab mal einen Stolleneinbruch, der quer am Essener HBF verlief. Die Folge war, die Züge fuhren über einen Monat nur noch in Schritttempo über diesen Stollen, den man eifrig verfüllte. Ich spreche hier auch von ICE und Thalys.

Unter meiner Wohnanlage, wo ich direkt wohne, das gilt als Stollengebiet (von der Zeche Ernestine) und wird eher als unsicher eingestuft. Aus der deutschen „German Angst“ Sicht lebe ich hier höchst gefährlich.

Es gab auch Löcher direkt neben Wohnhäuser im Bochumer Westen. Manche Häuser wurden unbewohnbar. Ganz Deutschland ist immer noch übersät mit Blindgängern aus dem Zweiten Weltkrieg. Auch ich bin zum Teil erschrocken, wenn man einen Blindgänger entdeckt, wo man monatelang unbesorgt vorbei oder drauf gelaufen ist.

Sorry, aber hier ist ein Auswandern aus meiner Sicht viel sicherer und die Selbstständigkeit ungefährlich.

PS: Wenn jemand das Angestelltenverhältnis als sicher empfindet, frage ich ihn ganz ehrlich: Wenn das Unternehmen, wo er heute arbeitet, nicht von jemanden vor 10 Jahren gegründet hätte, weil er doch zu viel Angst vor der Selbstständigkeit hätte, dann gäbe es dieses Angestelltenverhältnis heute nicht.

Ich arbeite auch in einer Firma, wo jemand den Mut hatte, in die Selbstständigkeit zu gehen. Hätte er das nicht getan, hätte ich heute dort keinen Job.

Die Gebrüder Aldi hatten den Mut, die Selbstständigkeit zu wagen. Heute ist es ein großes Unternehmen. Sie hätten auch scheitern können und es gäbe Aldi heute nicht.

Es gäbe kein Unternehmen auf diesem Planeten, wenn man immer sagt, dass wäre zu gefährlich.

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