Deutschland will von der Digitalisierung nichts wissen
Ich hatte ja gestern geschrieben, glaub ich, dass ich zu meiner Gefäßchirurgie nach Mülheim gefahren bin, wegen dem Verdacht der Tiefenthrombose, der sich nicht bestätigt hatte.
Ich fahre die Strecke von Stoppenberg über den Radschnellweg 1 doch recht zügig in ungefähr 40 bis 45 Minuten von 15 km, wobei die ersten 4 km noch entlang von Stadtstraßen. Ich spreche von einer Fahrt. Zurück noch einmal 15 km. Der Radschnellweg 1 hat im Bereich Heißener Berg eine kleine Steigung. Man sieht es nicht so doll, aber man spürt es beim Treten schon. Der Scheitelpunkt ist ungefähr an der Hardenbergstraße in Mülheim.
Jetzt hatte mir der Arzt ein Rezept für neue Kompressionsstrümpfe ausgestellt. Soweit so gut. Ich bin dann zum Sanitätshaus gefahren (ca. 2 bis 3 km) entfernt, heute Morgen, weil Sanitätshäuser vermessen gerne schon mal die Beine neu und weil sie noch ohne Tagesbelastung sind. Ich war da gewesen, ich war schon desöfteren da.
Auf dem aktuellen Rezept stand aber etwas anderes, als das Rezept, welches ich zuvor hatte. Ich dachte, meine Gefäßchirurgin hätte das so drauf geschrieben, als Hilfestellung. Nein, das Sanitätshaus und wahrscheinlich die Krankenkasse im Hintergrund oder gar der Staat, verlangen haargenaue Angaben.
Ich habe nicht einmal Tschüss gesagt, weil ich im Augenblick wusste, dass ich wohl wieder nach Mülheim fahren musste.
Und so war es auch. Ich habe zwar noch versucht per Telefonat zu hoffen, dass sie mir das neue Rezept zuschicken würden, aber nein, sie müssen das alte Rezept entgegennehmen. Ja, ich weiß, man könnte ja damit Schindluder betreiben.
Man hätte mir auch einen Termin per Videokonferenztool geben können. Aber nein, wird keiner machen. Datenschutz und das bremst alles Gute aus.
Also heute wieder 15 km und dann 10 Minuten im Wartezimmer gewartet, das neue Rezept entgegengenommen und dann wieder die 15 km zurück. Ich bin also nur für das eine Stück Papier, mit Veränderung und Unterschrift des Arztes jetzt wieder 30 km gefahren. Klar, ich hätte mich noch in Mülheim quasi vergnügen können.
Ich bin bei dem Arzt auch davon ausgegangen, dass ich nur einmal im halben Jahr oder einmal im Jahr zur normalen Kontrolluntersuchung brauche und habe ihn behalten.
In einer idealen digitalen Welt, hätte man so ein Rezept in einer digitalen App drin, wahrscheinlich dieses E-Rezept. Der Arzt stellt das Rezept dort ein. Vielleicht muss er sich erst einmal ausweisen oder ein bestimmtes Passwort eingeben mit einer digitalen Signatur, dann fügt er das ein. Ich bekomme auf dem Handy eine Mitteilung, dass ich ein Rezept bekommen habe, muss es irgendwie mit einer Zwei-Faktor Authentifizierung bestätigen, was auch der Arzt sieht. Dieses Rezept kann ja so aussehen, wie man seine Bahncard in der Navigator-App sehen kann. Wenn ich dann zur Apotheke oder zum Sanitätshaus fahre, dann halte ich das Handy an ein Terminal und übertrage dieses Rezept in das System der Apotheke oder dem Sanitätshaus.
Wenn es um eine Dauereinnahme eines Medikamentes handelt und bei Leute, die nicht mehr so gut laufen können, dann kann die Übertragung direkt vom Arzt zur Apotheke gehen, die löst das Rezept ein und versendet per Kurier dann das Medikament an die entsprechende Person. Apotheke kann auch ein großes Lagerhaus sein, wo diese Medikamente gelagert werden. Vorstellbare wäre auch der Transport von Transportdrohnen bis zur Haustür für besonders eilige Sachen.
So stelle ich mir das vor. Aber wahrscheinlich wird es jetzt Millionen Einwände geben und Fragen, warum meine Ideen nicht funktionieren könnten und was man für die nächsten 100 Jahre bis zur Serienreife alles überdenken muss.
Wer will kann ja immer noch persönlich seine Rezepte abholen. Aber für Angestellte im Berufsleben wäre das eine Erleichterung.