Borken-Rhede-Bocholt-Rees
So lautete meine Tour am zweiten Urlaubstag und ich hatte die absolute Krise während der Fahrt, aber dazu später mehr.
Da ja kein einziges Bett mehr in irgendeine Pension / Hotel / Ferienwohnung mehr frei ist in Deutschland – alles restlos ausgebucht bis Ende November bleibe ich die zwei Wochen Urlaub nun zu Hause und mache meine bekannten Tagesausflüge.
Ich habe seit Juli 2021 im Ticket 2000 die Preisstufe D, für den gesamten Verkehrsverbund Rhein-Ruhr und kann auch auf den ausgewählten Linien zum Beispiel in den Westfalentarif einfahren. Also Westfalentarif ist in Borken, Rhede und Bocholt gültig, aber auf bestimmten Linien gilt auch der VRR-Tarif.
Ja heute ist GDL-Streik, aber die privaten Bahngesellschaften fahren auf jeden Fall. Da es fast nur noch Private im VRR gibt, herrscht im Prinzip Normalbetrieb. Das ist der Vorteil für uns Bahnfahrer.
Auf dem Hinweg habe ich den RE14 von der Nordwestbahn um 9.30 Uhr genommen, die um 10.25 Uhr in Borken ankam. Mein erstes Ziel war der Pröbstingsee im sogenannten Hoxfeld im Westen der Stadt. Hier war ich 2016 damals noch mit dem Auto einmal und fand es sehr schön. Im kleinen See westlich vom Pröbstingsee kann man auch schwimmen. Ich habe es noch einmal ausgenutzt. Badeseen sind viel schöner als ein Freibad und wenn es ein offener Badesee ist, noch besser. Ein offener Badesee ist gemeint, wenn sich keine Badeanstalt daran anschließt, also wo man keinen Eintritt zahlen muss und so.
Zwei Dixiklos (eins für den Mann und eins für die Frau sind vorhanden) und eine Dusche, ein Sandstrand und ein abgetrennter Bereich für Nichtschwimmer. Bei meiner Größe von 1,93 m muss man schon weit rein gehen bis man richtig schwimmen kann.
Nach einer Weile mit Schwimmen und tauchen (ich nehme auch immer meine Schwimmbrille mit) habe ich mich einbißchen in die Sonne gelegt.
Ich habe mich umgezogen und wollte dann nach Bocholt. Zuerst bin ich auf den Pröbstinger Busch (K50) in Richtung Norden gefahren bis zum Böllenbergweg. Hier kann man ganz gerade aus fahren und man ist dann nach einem Waldstück in Rhede. Das Rheder Schloss ist wohl im Privatbesitz und man kann es nur von außen begutachten.
Im letzten Jahr war ich schon einmal in Rhede, aber irgendwie kam es mir heute fremd vor.
Schließlich bin ich die Hardtstraße gefahren und im weiteren Verlauf die Bocholter Straßer L572, die mir allerdings bekannt vor kam. Aus der Bocholter Straße wird die Münsterstraße in Bocholt, die direkt in die Innenstadt führt.
Bocholt ist eine Fahrradstadt – nicht nur wegen Rose, dem sehr bekannten Hersteller von Fahrrädern, sondern auch im allgemeinen. Die Stadt hat sehr viel gemacht. Das merkt man auch. Ich war sehr oft umringt von anderen Alltagsradfahrern. Ein Herr mit weißem Hemd, schwarzer Hose und schwarzen Schuhen fuhr an mich vorbei. Für mich nichts ungewöhnliches, aber irgendwie doch Seltenheit.
Ich habe es mir von hier an in den Kopf gesetzt nach Rees zu fahren. Zum RE19 (Arnhem-Oberhausen) musste ich sowieso. Warum? Es gibt doch einen Bahnhof in Bocholt. Ja theoretisch, aber praktisch derzeit nicht.
Seit etlichen Jahren gibt es Planungen den RE19, also RE19e nach Bocholt fahren zu lassen. Bislang fuhr nur eine Nebenbahn, mit Dieselzügen. Auf dem RE19 fahren aber Elektrozüge und der RE19 fährt immer in Doppeltraktion von Wesel nach Düsseldorf. Bislang war es so, dass die vordere Hälfte nach Arnhem fuhr und die andere Hälfte in Wesel parkte und auf den Gegenzug wartete. In Zukunft soll es so sein, dass der andere Wagenteil nach Bocholt direkt fahren soll. Das hat den Vorteil, dass der Bocholter ohne umzusteigen von Bocholt nach Düsseldorf fahren kann und die Fahrzeit würde enorm verkürzt.
Der Harken an der Geschichte. Die Strecke Wesel-Bocholt war nie elektrifiziert. Dies wird nun seit dem 05.07.2021 nachgeholt. Die Bauarbeiten dauern noch bis Mitte Dezember 2021 an. Eigentlich sollte die Elektrifizierung schon längst geben, aber ja man darf dreimal raten, beim Staat hat nicht alles so funktioniert, also hat man es nun verzögert.
Oder so hätte ich weiterfahren müssen. Eigentlich wollte ich in Mehrhoog zum RE19 kommen, entschied mich dann aber Rees. Von der Bocholter Innenstadt, von der Ravardistraße/Westend sollten es 18 km sein. Ich dachte: „Ist zu schaffen“. Ich habe 1 h und 20 Minuten gebraucht und ich war fix und fertig im Kopf.
Der L505 (der Werther Straße bin ich nun gefolgt). Der Radweg biegt in Werth in Richtung Werth ab. Er folgt nicht der Hauptverkehrsstraße, der L896, Werther Straße. Hier standen noch 15 km bis Rees zur Debatte.
Im Ortseingang sah ich schon wieder das große Übel. Baustelle. Durchfahrt bis zur B67 möglich. Ich dachte: „noch einmal Glück gehabt“. 400 Meter vor der B67 war es mit der Herrlichkeit vorbei. Es war doch kein Durchkommen möglich. Die offizielle Fahrtroute zeigte an: Rees 17 km. Mir schwante schon übles.
Genau, erst einmal schön noch bis Isselburg gefahren, mindestens 4 bis 5 km. Die Entfernungen von den Schildern kann man nie vertrauen. Es gibt Wegweisungen, die sagen noch 10 km bis xyz und man fährt 30 Minuten weiter und bei der nächsten Wegweisung steht: Noch 9,5 km bis xyz oder noch schlimmer dann werden aus den 10 km urplötzlich 13 km und man denkt sich: „Ich bin doch gerade 30 Minuten gefahren, da kann es doch nicht mehr werden“.
Dann war ich in Isselburg und dann geht ein paralleler Weg wieder zurück fast zum Ursprung und das ist keine Umleitung, sondern der normale Weg, die Werther Straße. Dann habe ich die B67 nach gefühlten 4 km endlich überquert und die Beschilderung führt mich auf den Millinger Weg. Dieser unterquert dann die Bundesautobahn A3 und auf der Südseite fahre ich parallel zur A3 wieder den Weg praktisch zurück.
Zeitweise habe ich gedacht: „Will mich der Kreis Borken hier veräppeln? Denkt der Kreis Borken nur an den Sightseen-Sommerschönwettertourifahrer?“ Ich weiß, warum Radschnellstraßen auf direkten Wege und keine Schleifenfahrten von 6 km für einen Beamten nie in Frage kommen, weil die das nicht kapieren wollen oder können. Für die ist das Fahrrad halt nur ein Ding für die Freizeit. Für die kommt es nicht in den Sinn, warum man mit dem Fahrrad direkt nach Rees fahren möchte, ohne das schöne Isselburg zu begutachten und die vielen Weiler. Wahrscheinlich bekommen die nur Post (Mails wäre ja zu modern) von Ältern, die sagen, dass endlich mal den wunderschönen Ortsteil Heerlen in Isselburg kennen lernen wollten und die Heerlen sind auch mal endlich froh mal wieder Menschen zu sehen.
Ich weiß, die meisten Leser werden das was hier beschrieben habe, wahrscheinlich auch nicht verstehen. Für mich ist das Fahrrad halt mehr als nur ein Ding, welches man bei schönen Wetter Schönwettertouren macht.
Mein Plan war: Ein Stückchen B67 zu fahren, um dann die L468, die Halderner Straße nach Haldern zu fahren. Das hätte mir bestimmt die 5 oder 6 km Schörkeltour und die vielen Nerven erspart geblieben.
Immerhin musste ich nicht durch Haldern durch, sondern durfte schon vorher nach Rees abbiegen. An einem Bahnübergang musste ich dann warten und bin dann auf der Weseler Landstraße (K7) nach Rees gefahren.
Der Ortskern von Rees liegt direkt am Rhein. Leider gab es nur eine gescheite Gaststätte, wo ich dann mir ein Rindergoulasch mit Nudeln zu mir nahm. Ich habe mir am Nachbartisch die gesamte Krankengeschichte einer älteren Frau angehört, die sich mit einer Freundin unterhielt über deren Chemotherapie. Mein Vater bekam auch Chemotherapie, aber von ihm habe ich diese Heulsuserei nie gehört. Oder mein Vater machte einen auf stark – kann auch sein.
Ach so: Ältere beschweren sich, wenn die Jugend alles im Internet von sich preis gibt, aber wenn sie sich im Café befinden, dann kann es auch jeder mithören. Ok, ich weiß den Namen der Person nicht, aber im Café möchte ich den schönen Tag genießen oder Café nicht mehr besuchen – ist auch eine Möglichkeit.
Leider las ich, dass eine Bombenentschärfung in Wesel gab, wo auch der RE19 von Abellio entlang fährt, die um 16 Uhr anfing. In Essen macht man so etwas immer um 21 Uhr, in Wesel will man wahrscheinlich früher Feierabend machen. Ich bin nur froh, dass es nicht irgendwelche Vollidioten gab, die die Entschärfung verzögerten, weil sie meinen, sie wären was besseres und müssten nicht den Anweisungen der Behörden folgen.
Ich bin dann leider etwas viel zeitiger als gewollt von Rees nach Haldern (5,3 km auf direktem Wege) losgefahren. Vorher habe ich mir noch die Füße und die Sporthose an einem Springbrunnen feucht gemacht. Die Kleidung war schon 2,1 km vor Haldern wieder trocken. Heute war mal so etwas wie Sommer bei uns in NRW.
Dann kam der RE19 um 17.22 Uhr nach Oberhausen. Das war aber der falsche. Mit dem ich fuhr, der fuhr nur bis Wesel, weil durch die Bombenentschärfung hatte dieser eine sehr hohe Verspätung. Die Strecke war aber inzwischen bei Wesel wieder befahrbar. Die Bombenentschärfung war schon vorbei. Es kam auch wie es kommen musste. Dieser RE19 hielt in Wesel auf Gleis 4 an und der nächste fuhr auf Gleis 3. Nein und wieder einmal so typisch. Man musste erst einmal die Treppen herunter und dann wieder herauf. Im Zug war eine Familie mit Fahrrädern und dicht bepackt und die mussten den Aufzug nehmen. Sie kamen aber dennoch pünktlich zum anderen Zug. Ist es in Deutschland wirklich so schwer mal etwas Annehmlichkeiten für den Fahrgast zu bieten? Ich sah einen mit einem Liegerad oder Leute mit Behinderung. Alle mussten herunter und wieder herauf. Mein Rad ist ja zum Glück noch leicht und ich noch jung.
Ach ja: Im Juli war die Strecke bis nach Wesel wegen Bauarbeiten für die Betuwelinie (Güterzugstrecke im Abschnitt Emmerich nach Oberhausen – seit 29 Jahren in Planung) gesperrt. Es sollte schon ein neues Gleis gebaut worden sein. Ich habe aber keinerlei Anzeichen von Bauarbeiten an der Strecke gesehen oder war das nur ein virtuelles Gleis, welches verbaut worden ist?
Mit dem RE3 der Eurobahn bin ich dann nach Essen-Altenessen gefahren und von dort aus ist es nicht mehr weit bis nach Hause.